Heimatgedichte
Ergänzend zu den Ortschroniken hier noch einige Gedichte, die entweder vom Thema Heimat im Allgemeinen handeln bzw. die, die den Alltag der Menschen im östlichen Teil der Niederlausitz zu damaliger Zeit schildern. Teilweise gebe ich sie in der im Kreis Sorau gesprochenen Mundart wieder, so wie ich sie in den Heften der Sorauer-Sommerfelder Heimatzeitung oder in den Sorauer Heimatblättern fand. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf korrekte Orthografie und Grammatik.
Einige Gedichte stammen aus der Feder von Ernst Hoffmann. Seine in heimischer, niederlausitz-schlesischer Mundart geschriebenen, sind deshalb heute ein unwiederbringliches Kulturgut aus diesem Landstrich. Bald gibt es Niemanden mehr, der diese Aussprache und diese Begriffe noch aus der Kinderzeit kannte. Doch zunächst etwas zur Person Ernst Hoffmann, der auch oft unter dem Pseudonym "Grookupp" veröffentlichte.
Hoffmann wurde in Brestau geboren Seine Vorfahren waren über viele Generationen Schmiedemeister mit eigener Schmiede. Bereits 1660 hatte Hans Hoffmann aus Kunau in Schlesien die Schmiede Brestau erworben. Doch Ernst Hoffmann entschied sich dazu einen anderen beruflichen Weg zu gehen. Er besuchte in Frankfurt/Oder das humanistische Gymnasium. Danach studierte er in Göttingen und Berlin Philosophie und Geschichte. Nachdem sein Vater 1908 verstarb, musste er sein Studium aufgeben und kehrte nach Brestau zurück. Nach dem I. Weltkrieg begann er mit Kohlen und Düngemitteln zu handeln. Als Kaufmann war er im Ort ein angesehener Mann, wurde etwa Mitte der 1920er Jahre Amtsvorsteher von Brestau, Schönaich und Pitschkau. Hoffmann entschied sich seine Gedichte in der seit 1932 erscheinenden Heimatbeilage des Sorauer Tageblattes unter seinem Pseudonym zu veröffentlichen. Grookupp war eine Anspielung auf sein ergrautes schütteres Haar. Sein Humor kommt nicht nur in seinen Gedichten zum Ausdruck. Auch seine Zeitgenossen, seien es einfache Dorfbewohner oder die Obrigkeit, wie zum Beispiel der Landrat, konnten sich davon überzeugen. 1944 arbeitete er an einem Werk über den Dreißigjährigen Krieg, doch das Manuskript ging infolge der Kriegsereignisse verloren, so seine Tochter. Nach dem Einmarsch der Roten Armee im Februar 1945 wurde man auf Hoffmann aufmerksam. Gemeinsam mit dem Mühlenbesitzer Willi Meißner, dem Landwirt Otto Schellschmidt sowie dem Eisenbahner Paul Grasse wurde er am 6. März auf die Kommandantur nach Sorau bestellt. Von dieser sollte keiner der drei jemals zurückkehren. Bekannt ist nur, dass die Männer zunächst im Keller des Cafés "Central" eingesperrt und später abtransportiert wurden. Im Lager Tscheljabinsk, im Ural, ist Hoffmann verstorben.
Heimat von Ernst Hoffmann (Grookupp)
Womit zwingst du immer wieder
mich in deinen teuren Bann?
Sind es deine alten Lieder,
die mir tönen dann und wann?
Sind`s die altvertrauten Räume,
die des Kindes Füß`betrat?
Sind`s die jungen Frühlingsträume,
ist`s des Feldes grüne Saat?
Sind`s die unvergess`nen Stätten,
da die Liebe einst erwacht?
und mit ihren festen Ketten
zeigte ihre große Macht?
Alle sind`s, zu einem Kranze
füg ich sie in stiller Lust,
und es wiegt sich wie zum Tanze
froh mein Herze in der Brust
In den vorangegangenen Kapiteln ist auch von Walter Rettig (*18.3.1909 in Gassen) die Rede. Er war eigentlich Lehrer von Beruf, jedoch als Verfasser von Erzählungen über die menschen und Natur in Südost-Brandenburg bekannt. Rettig fiel 1945 in den letzten Kriegstagen. Seine Witwe Frieda Rettig gab 1996 ein kleines Buch mit 130 Gedichten von ihm mit dem Titel " Nach dem Abschied" heraus. Seine zwischen 1935 und 1944 entstandenen Werke beschreiben die LIebe zu seiner Heimat und zu den dort lebenden Menschen.
Rettig war das jüngste von drei Kindern des Postbeamten Rudolf Rettig und seiner Frau Gertrud, geb. Ansorge. Das künstlerische Faible soll er von seiner Mutter geerbt haben, die aus der Nähe von Neu-Tomischl bei Posen stammte. Von ihren mit christlichen Werten erzogenen Kindern, heiratete die Schwester einen Pastor, sein Bruder wurde ebenfalls Pfarrer, der nach dem II. Weltkrieg an der Gethsemanekirche in Berlin wirkte (+1961).
1912 zog die Familie Rettig von Gassen nach Sommerfeld. Dort besuchte Walter Rettig das Gymnasium, welches er mit dem Abitur in Wahlstatt bei Liegnitz abschloß. Eigentlich wollte er Forstwirtschaft studieren, wechselte dann jedoch aus finanziellen Gründen auf Pädagogik. Bereits am 1.7.1929rat er seine erste Lehrerstelle in Reetz, Kreis Zauch-Belzig an.1936 heiratete er die aus Leuthen (Kreis Sorau) stammende Friedel Milde. 1937, 1939 und 1943 wurden ihnen drei Söhne geboren.
Water Rettig war ein guter Beobachter und Fotograf. Einige landschaftliche Motive wurden zu Ansichtskarten. Von 1936 bis 1939 lehrte er in Jähnsdorf (Kreis Sorau). Ende August 1939 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen (Frankreich, Estland, Ukraine, Russland, Italien). Seit Ende Januar 1945 wird er vermißt (Quelle: Wanderungen durch Südost-Brandenburg 1997/98).
Die beigefügten Gedichte entstanden zum größten Teil direkt nach Kriegsende und geben die Gedankenwelt, die Not und die Mühen der Vertriebenen wider. Unter diesem Gesichtspunkt ist ihr Inhalt zu betrachten.
Ein anderer bekannte Künstler aus dem Kreis Sorau ist der Kunstmaler Rudolf Seidl. Er wurde am 12.3.1934 als Sohn des Glasmachers Karl Seidl in Teuplitz, Kirchsteg 16, geboren. Nach der Vertreibung kam die Familie nach Riedlhütte im Bayrischen Wald, an der Grenze zu Tschechien. Sein künstlerisches Talent wurde früh erkannt und gefördert, doch zunächst machte er eine Ausbildung als Glasmacher in der örtlichen Hütte. Über Jahrzehnte setzte er sein künstlerisches Talent hier ein. Seit 1990 ist er freischaffend tätig. Besonders seine Landschaftsaquarelle über den Bayrischen Wald und Moorlandschaften sind bekannt. 2003 erhielt er den Kulturpreis des Bayrischen Waldvereins. Für mein Buch über Teuplitz erstellte er zwei Aquarelle, der evangelischen und der katholischen Kirche (s. auch Kapitel über Teuplitz).
Das nachfolgende Gedicht, welches ihre Heimat Teuplitz sehr treffend beschreibt, wurde bereits 1946 auf einem heimlichen Treffen ehemaliger Einwohner des Ortes von Martha Deckert vorgetragen.