Der westliche Landkreis Sorau

Kriege  (Auswahl)

Schon während der Hussitenkriege (1419 – 1438) kam es auch in der Lausitz zu Auseinandersetzungen. So wird am 27.10.1429 aus Guben berichtet, dass das Blut der getöteten Einwohner buchstäblich in Strömen geflossen sein soll. Nur die Nonnen des Gubener Jungfrauen-Klosters, die angeblich in Forst Schutz suchten und fanden, sollen verschont geblieben sein. Im Kloster Neuzelle wurden dessen Mönche auf das Grausamste verstümmelt und hingemordet. Inwieweit damals auch Sommerfeld und benachbarte Gemeinden in Mitleidenschaft gezogen worden sind, steht nicht genau fest. Es scheint Sommerfeld, ähnlich wie Forst, Sorau und Crossen nicht so hart getroffen zu haben, weil man dort zuvorkommend bereit war Lebensmittel und andere große Opfer zu bringen. (Quelle: Allerlei aus unserer Vergangenheit oder Beiträge zu einer Chronik des Kirchspiels Göhren, von Pastor Magnus, 1887)

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) war Forst im Jahr 1620 hintereinander von böhmischen und kursächsischen Truppen besetzt worden. Weitere, größere Kämpfe/Plünderungen im westlichen Kreis Sorau gab es erst ab Juli 1626, als Wallenstein mit seinem Heer in die Gegend einfiel. Besonders Forst, Pförten, Sommerfeld und Sorau trafen die Kriegslasten, musste doch seine 40.000 Mann starke Armee beköstigt und ausgestattet werden. Kaum war Wallensteins Heer weiter gezogen, wurde dieses von 500 Soldaten (Fußvolk) und 400 Reitern einer schlesischen Armee abgelöst. Sie plünderten alles, was die vorherigen Soldaten noch übrig gelassen hatten. Doch viel war es nicht, was noch zu holen war. Daher marschierte man weiter und wollte eines Nachts in Triebel einfallen, was jedoch aufgrund einer List der dortigen Einwohner nicht gelang. Jahre später waren die Schweden erfolgreicher. Am 5. November 1641, so berichtet eine Sommerfelder Chronik, haben 24 Regimenter der kaiserlichen Armee in und um Sommerfeld Häuser, Bäume, Baumgärten und Weinberge verwüstet. Das benachbarte Kohlo wurde  1642  durch den Krieg ganz ruinieret. Um 1670, fast ein Vierteljahrhundert nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, lagen noch ein Viertel aller bäuerlichen Wirtschaften in Pförten und Umgebung brach.     

In den Jahren 1633 und 1634 grassierte die Pest in der Sorauer Gegend. Zusätzlich hatte eine große Hungersnot die Bewohner heimgesucht. Bis Mai 1634 trieben kroatische Söldner ihr Unwesen. Ihr Hauptstützpunkt zu dieser Zeit war Sorau.  Wallensteins Schwager Terzky belagerte 15 Wochen ebenfalls die Gegend. J.G. Worbs schrieb  in seiner Abhandlung "Die Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel" 1826: ...  umherstreifende Scharen und herrenloses, umherlungerndes Gesindel nicht allein auf den Straßen, sondern auch in Häusern. Fast niemand kann mehr sicher sein  und bisher viele unterschiedliche Adelshöfe geplündert und alles Vieh, Pferde  und sonstiges abgenommen wurden.(Quelle: Sorauer Heimatblatt 08/1959)

1642 wird berichtet, dass Triebel völlig ausgeplündert worden sei. 1646  wird berichtet, daß Tzscheeren ganz wüst liegt und nur ein Haus und zwei Menschen noch vorhanden seien. In Brinsdorf hätten sich sechs Unterthanen erhalten, die Felder seien jedoch ebenfalls wüst  (QuelleWas das Pförtener Kirchenbuch erzählt, Gerhard Abraham).

Richtung Schlesien und Polen/Rußland durchzogen immer wieder plündernde, brandschatzende Soldaten, die die Ortschaften des späteren Kreises Sorau verwüsteten (z.B. Wüstung/Dorf Sorge, 4 km nordöstlich von Pförten) und bitterarm machten. 

Im 2. Schlesischen Krieg, bei dem es für Preußen und Österreich um die Vorherrschaft in Schlesien ging, erfuhren die Schlösser Kohlo,  und das neue Schloß Pförten Plünderungen übelster Art. Ein Kommando unter Hauptmann v. Münchow, welches am 11. und 12. November 1745 von Guben kam, bediente sich in beiden Schlössern nach Lust und Laune. So wechselten den Besitzer: 3 Kanonen nebst Fässern und Patronen, 4 Dutzend Leuchter, 5 Dutzend Teller, 3 Dutzend Schüsseln, 16 Salzfäßchen, 4 Dutzend Löffel sowie viele damastene Betttücher und –vorhänge. (Quelle: Chronik d.Stadt u. Standesherrschaft Forst u. Pförten, 1846) 

Während des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763), im Jahre 1759, waren die großen Heere der Preußen, Österreicher und Russen zu versorgen. Da Friedrich von Plünderungen der Russen in der Mark und in Berlin gehört hatte, gab er am 13. Oktober in Dolzig seinen Truppen Anweisung, in der Niederlausitz (gehörte damals noch zu Sachsen) ..... nichts zu schonen......  Im Jahr zuvor hatte er das Schloss des Grafen v. Brühl in Pförten plündern, anbrennen und verwüsten lassen. 

Inwieweit die NL während der Napoleonischen Kriege (1792 – 1815) betroffen war, kann ich nicht sagen. Am Ende ordneten die Beschlüsse des Wiener Kongresses 1815 Europa neu. Die Niederlausitz – bisher sächsisch - wurde nun preußisch.

Der Erste Weltkrieg (1914 – 1918) wurde aufgrund Einsatzes technisch effektiverer Militärtechnik  schon sehr brutal und grausam geführt (z.B. Giftgas). Er schränkte die Lebensweise im ländlichen Sorau stark ein (Lebensmittelabgaben). Die jungen Männer, eingezogen, verwundet, gefallen oder vorwiegend in Gefangenschaft geraten, fehlten bei der Feld- und Hofarbeit. Von meinen Vorfahren ist bekannt, dass sie – wie vielleicht auch viele andere aus dem Sorauer Kreis – an der russischen Front kämpfen mussten.

Der Zweite Weltkrieg (1939 – 1945) mit Millionen Opfern, auch unter der Zivilbevölkerung, gilt als besonders grausam. Ganze Städte wurden durch Kampfhandlungen/Bombardements dem Erdboden gleichgemacht. In den Jahren nach 45 starben nochmals einige Millionen in Gefangenschaft oder durch Hunger und Seuchen. Anhand von verschiedenen Tagebuchaufzeichnungen aus dieser Zeit, ist das erste Halbjahr 1945 im westlichen Kreis Sorau gut dokumentiert. Hier die wichtigsten Daten:

Teuplitz Ende Januar 1945: ... Sehr kalt, Schneesturm. Immer wieder tauchen Trecks mit Flüchtlingen aus dem Osten in den Dörfern um Niewerle ein....

Montag, 22.Januar ..... Der Russe ist bei Breslau bis an die Oder durch ... Der Ostwall hat nicht gehalten. Die Straßen sind voller Flüchtlingstrecks, auch Militärkolonnen sind dabei...

Samstag, 27. Januar:.. ganz Zilmsdorf liegt voller Panzer und Soldaten. Hier wird Aufmarschgebiet.....

Sonntag, 28. Januar.. die Züge von Teuplitz nach Forst fahren nicht mehr planmäßig, Wehrmachttransporte haben Vorrang

Dienstag, 30. Januar Teuplitz:... In allen Wohnungen  stehen fertig gepackte Koffer. Wohin sollen wir noch flüchten? Es ist doch alles mit Flüchtlingen überfüllt....

Mittwoch, 31. Januar Teuplitz: ... Trecks und immer wieder Trecks. Die Schule vollgestopft... Ein Verkehr auf den Straßen, wie ihn Teuplitz nicht in Friedenszeiten erlebte. Das Neueste von der nahen Front, die Russen sind in Züllichau....Flüchtlinge sind auch in Scheunen/Ställen untergebracht. Ihre Versorgung mit Lebensmitteln wird immer schwieriger.

Ende Januar 1945 werden an den Teuplitzer Zufahrtsstraßen Vorbereitungen für Panzersperren getroffen. Die Schule in Teuplitz wird zu einer Flüchtlingsmeldestelle. Tauwetter setzt ein.

Donnerstag, 1. Februar Teuplitz: ... Es wurde noch wärmer. Die Straßen waren matschig und voller Menschen. In langen Trecks zogen sie mit Handwagen und Gespannen durch die Ortschaften. Dazwischen Wehrmachtkolonnen, teilweise mit schwerem Gerät.

Freitag, 2. Februar Teuplitz:... Der Russe ist jetzt auch in Grünberg und weiter nördlich vor Frankfurt und Küstrin. Die erste Aufregung hat sich gelegt, der Russe zieht auf Berlin zu.

Samstag, 3. Februar Teuplitz: ...In den Mittagsstunden Fliegeralarm, Großangriff auf Berlin....

Sonntag 4. Februar Teuplitz: ... ein kleiner Koffer mit allen wichtigen Papieren wird bereitgestellt. Unsere Fahrräder werden überholt und vorne mit zusätzlichen Gepäckträgern versehen.....

Am 4. Februar 1945 wurde Teuplitz zum Aufmarschgebiet deutscher Soldaten erklärt. Die Angst unter der Zivilbevölkerung ist groß. Ganze Familien begehen Selbstmord, töteten Mütter ihre Kinder, erhängten, vergifteten, erschlugen oder ertränkten sie.

Montag 5. Februar: … Das Brot wird knapp in Teuplitz.

Dienstag, 6. Februar, Teuplitz: …. Den ganzen Tag Geschützdonner von Richtung Crossen. Wahrscheinlich werden wir auch noch hier wegmüssen......

An diesem Tag hatte sich die Wehrmacht aus der Tzscheeren/Grünauer Schule zurückgezogen. Wohin? Marschierten sie nochmal Richtung Osten um das Unabwendbare abzuwenden?

Freitag 9. Februar Teuplitz: .....Panzerspitzen sind in Liegnitz eingedrungen...... Man sieht nur ernste Gesichter... Keiner weiß, was werden soll. Kommt der Russe oder nicht? Bleiben wir verschont? Oder geht hier alles kaputt? ....….Keune liegt voller Soldaten, Brücken gesperrt. Das Wetter ist frühlingshaft.

Am Samstag, 10. Februar 1945 setzt die russische Armee bei Gladisgorpe über den Bober. Panzerspitzen (T34) erreichen drei Tage später die östliche Sorauer Stadtgrenze.

Sonntag, 11. Februar, Teuplitz: ..... Heute hatte der Volkssturm den ganzen Tag Dienst. Es werden Schießübungen durchgeführt. ….. hinter dem Bahndamm übt der Jugend-Volkssturm mit der Panzerfaust

Montag, 12. Februar, Brinsdorf:  …. In diesen Tagen wurde noch der Jahrgang 1929 zum Wehrdienst einberufen. Auch ich bekam nach kurzer Ausbildung in einem Wehrertüchtigungslager meinen Gestellungsbefehl. Wie vorgeschrieben, meldete ich mich am 12. Februar mit etwa 20 Gleichaltrigen in der Sorauer Kaserne. Der am Kasernentor diensthabende Spieß schaute uns ungläubig und kopfschüttelnd … an und verweigerte uns den Zutritt zur Kaserne. Er verwies auf den vor den Toren der Stadt stehenden Feind und die letzten im Aufbruch befindlichen Soldaten der Kaserne. Wir sollten also machen, daß wir nach Hause kommen, ehe es zu spät sei. Die Rückkehr nach Brinsdorf war nicht so einfach, es verkehrten keine Züge mehr in Richtung Gassen……

Montag, 12. Februar: Niewerle: Nachmittags kam noch ein uniformierter ein SA-Mann aus Drehne, und meinte, ..... keine Panik, der Russe ist noch weit entfernt. Diese Information hatte Kreisleiter Briesen aus Sorau noch am Nachmittag herausgegeben.

Dienstag, 13. Februar, Faschingsdienstag: 

Um die Mittagsstunde standen russische Panzer auf dem Sorauer Markt. Ihnen folgte sowjetische Infanterie. Gegen 13.30 Uhr rollten die Panzer weiter nach Gassen. Eine Augenzeugin berichtet im Sorauer Heimatblatt, wie SS-Männer Hals über Kopf aus dem Gasthof Zum goldenen Stern, wo sie zu Mittag aßen, herausstürzten. Sie waren vom plötzlichen Auftauchen des Feindes derart überrascht, dass ihnen nicht einmal mehr Zeit blieb, in ihre abgestellten Fahrzeuge zu springen. Panisch flüchteten sie quer über den Markt um in den umliegenden Häusern zu verschwinden und durch die dahinter liegenden Gärten ins Freie zu entkommen. Eigentlich hatte die SS hier gewartet, weil am Nachmittag Verstärkung eintreffen sollte.         Am Abend erreichte eine Brigade Sommerfeld und die Kämpfe um die Stadt begannen                                     (Quelle: Gerhard Friedl, Geschichte der Stadt Sommerfeld/Lubsko, Sorauer Sommerfelder Heimatzeitung)                                                                                                                                                                                             Teuplitz: …….Abends 10 Uhr. Ich muß beim Schreiben unterbrechen, Befehl zum Abmarsch…..

Dienstag, 13.Februar:  

Brinsdorf: Vormittag, Unruhe im Dorf. Lange Kolonnen von zerlumpten Häftlingen passieren unser Dorf....    Teuplitz: .... unser Dorf ist voller Militär. Die Straßen sind verstopft, die Flüchtlingstrecks können nicht weiter. Am Himmel viele deutsche Flugzeuge. Starker Gefechtslärm ist zu hören. Am Mittag sickert die Meldung durch, dass russische Panzer durchgebrochen sind und auf Sorau und Sommerfeld zurollen …… Als es dunkel wird, ist der Osthimmel rot, in Sorau brennt es. Züge, die in Richtung Sorau fahren sollen, werden in Teuplitz gestoppt. Am Abend kommt die Anweisung zur Räumung. Auf dem Bahnhof werden zwei Züge bereitgestellt. Wer ein Fuhrwerk oder Fahrzeug hat, wird auf Treck gehen...

In den frühen Morgenstunden des 13. Februar verließ die letzte Ausgabe des Sorauer Tageblattes die Druckerei in der Sorauer Lindenstraße.

Ein Schüler aus Drehne schreibt: …. auf dem Friedhof (Niewerle) bei der Beerdigung von Opa, es rollen drei russische Vorhut-Panzer vorbei, zogen sich aber nach einer Weile wieder zurück….. Jetzt wurde es Zeit aus der Gefahrenzone zu verschwinden. Wir zogen mit Vieh, Kind und Kegel in den Wald zwischen Drehne und Brinsdorf…..

Niewerle und Rotfelde/Pokuschel: Abends, gegen 22 Uhr, Zusammenstellung der Trecks am Niewerler Gut bzw. am Ortsausgang von Rotfelde. In der Nacht zu Fuß über Läsgen, Teuplitz in südliche Richtung.

Schniebinchen: ... 2 Uhr, Panzer in Gassen, Verwandte aus Gassen hier eingetroffen. 11.00 Uhr abends, Befehl von deutscher Seite, Frauen und Kinder müssen weg.

Niewerle, Nachmittag 14.27 Uhr: Der Dieseltriebwagen von Teuplitz nach Sommerfeld fuhr in Niewerle planmäßig ein. Mehrere Fahrgäste stiegen zu.  Doch die Fahrt ging nicht weiter. Plötzlich überflogen Flugzeuge das Bahngelände. Alle stürzten augenblicklich ins Freie, suchten irgendwo Schutz. Wie sich später herausstellte, hatte die Sommerfelder Bahn-Leitstelle noch in letzter Minute Bescheid geben können, dass der Zug nicht weiter fahren dürfe, da ihr Bahnanlagenbereich bereits unter starkem Granatbeschuss sowjetischer Panzer stand.   

Wiesenthal: ..... So sind wir dann halt Hals über Kopf aus Wiesenthal los, den anderen Gespannen hinterher, über Rinkendorf, Zilmsdorf und kamen bis Teuplitz, in die Nähe des Bahnhof. Dort ging gar nichts mehr vorwärts, alles war zugestopft mit Fahrzeugen der Wehrmacht, Flüchtlingstrecks...... Wir standen stundenlang voller Angst, was kommen würde.... Spät Abends standen wir immer noch eingekeilt am Teuplitzer Bahnhof. Wir hörten ein fernes Grollen, wie ein andauerndes Gewitter. Es waren die Bomben auf Dresden...Irgendwann in der Nacht ging es dann doch weiter in Richtung Triebel, dann auf die Autobahn und in Klein-Bademeusel über die Neiße.....  Auf der Neißebrücke waren Panzersperren, die mit Sprengstoff gespickt waren. Es war eng für Fahrzeuge und an einer Sperre blieb ein Fuhrwerk hängen, die Funken spritzten und hätten nicht beherzte Leute den Wagen schnell etwas abgerückt, wären wir wohl alle mit der Brücke in die Luft geflogen.  Als es hell wurde, waren wir dann in Forst angekommen, total übermüdet, durchgefroren und hungrig....                                                                            

Mittwoch,14. Februar:  

Teuplitz Bahnhof:... Gegen 7.00 Uhr hatten sowjetische Panzerspitzen auf der Chaussee von Gassen den Bahnhof erreicht. Die gefürchteten T 34 feuerten sofort auf den mit Flüchtlingen überfüllten, noch stehenden Zug. Die Lok erhielt einen Volltreffer, das Bahnhofsgebäude (Strecke Forst - Sorau) wurde zerstört. Auf das heillose Durcheinander der in panischer Angst Flüchtenden eröffnete die aufgesessene Infanterie einen erbarmungslosen Kugelhagel…. 

Ein anderer Zeitzeuge: ....... Es hieß wir müssten uns sehr beeilen, der Zug fährt gleich ab. Aber der Zug fuhr nicht ab, weil man angeblich noch auf den Treck eines weiteren Dorfes wartete. Draußen wurde es schon hell, die Lok gab immer wieder Pfeifsignale von sich und entließ den überschüssigen Dampf, aber kein Rad drehte sich. Plötzlich schrie jemand: „Russische Panzer!“ Im gleichen Augenblick zersplitterten unter dem Geschosshagel die Abteilfenster. Kugeln pfiffen uns um die Ohren. Automatisch warfen wir uns auf den Boden............ ein Bäckermeister aus Eichenrode/Tzschecheln schrieb im Sorauer Heimatblatt, dass es bei dem Feuerüberfall auf den Bahnhof Teuplitz ........ 35 Tote…. gab.            

Drahthammer: Dann am 14. Februar fuhren russische Panzer, flankiert von Soldaten mit schussbereiten Maschinenpistolen von Rotfelde herkommend, in Drahthammer ein. An diesem Tag erhielt das Wohnhaus von Förster Langenhan einen Treffer. Auf dem Dach hatte der Förster noch kurz vor seiner Flucht eine weiße Fahne angebracht, als Zeichen der Kapitulation des Dorfes. Warum die Russen trotzdem geschossen haben, als sie den Ort besetzten, wer kann das sagen.

An diesem Tag wurde die Gegenden zwischen Sommerfeld und Teuplitz, sowie östlich davon, eingenommen und der sowjetische Stoßtrupp drang dann weiter in Richtung Neiße vor. 

Am 15. und 16. Februar eroberten Teile der Brigade Dirlewanger das am 13. Februar aufgegebene Sommerfeld zurück. Auch Christianstadt und Naumburg konnten am 15.2. noch einmal feindbefreit werden. Doch dauerhaft war die Rote Armee nicht mehr zu schlagen, das war der Wehrmachtführung sowie der kämpfenden Truppe klar (Quelle:Brennendes Oderland, Fritz Kohlase).

Freitag, 16. Februar:   

 Teuplitz: ..... Licht brennt nicht mehr, Post, Zeitung, Eisenbahn, alles lahmgelegt. Niemand weiß, wo die Front ist.....

Freitag, 23. Februar: In Schniebinchen wurden an diesem Tag alle Männer zwischen 17 und 50 Jahren aufgefordert sich zu melden. Ob dies auch für Niewerle galt, ist nicht bekannt, jedoch recht wahrscheinlich. Am folgenden Tag wurden sie abtransportiert. Einige starben auf dem Transport nach Osten. Von vielen fehlt jede Spur.

Montag, 26. Februar: 

Teuplitz: ...Wir leben nun heute 14 Tage ohne jede Nachricht, wissen nicht, was los ist. Der Russe sagt uns auch nichts..... Die Radios haben sie uns alle zerschlagen. Wir sind durch die totale Front mit dem dauernden Truppendurchzug und einquartierten Militär, daß alles Vieh wegschlachtete, ein armes Volk geworden. Es wird die Zeit kommen, wo wir nur noch Kartoffeln besitzen werden. Es gibt keine Hühner, Schweine, Kühe, Pferde, Bienen usw. im Dorf mehr.... Mit Sorgen geht man Abend schlafen....   

Donnerstag, 1. März: .....Die Restbevölkerung Pförtens wird nach Sommerfeld getrieben.

Freitag, 2. März:  Teuplitz: Noch mehr Soldaten zogen in Teuplitz ein. Nirgendwo ist mehr Platz, weder für die Einheimischen, noch fürs Militär. Die Straßen und die Höfe sind voller Militärgerät und mit Fahrzeugen zugestellt. Es schien, als platzte Teuplitz aus allen Nähten. Vormittag wurden große Viehherden in Richtung Triebel getrieben, auch Schafe. Abends, um 22.00 Uhr, zog ein Trupp Russen durch den Ort und gab bekannt, daß am nächsten Tag alle Deutschen bis 12.00 Uhr Teuplitz in Richtung Osten (Naumburg/Bober) verlassen müßten....                                                                                       

Samstag, 3.März: ......Abends streiften russische Soldaten durch Niewerle und beschlagnahmten Möbel, vor allem Schlafmöglichkeiten wie Betten und Sofas. Sie benötigten das Mobiliar für ihre in der Pförtener Heide gegrabenen Unterstände...... Jüritz wird geräumt. Alle Einwohner müssen innerhalb kurzer Zeit das Dorf in Richtung Christianstadt verlassen.

Sonntag, 4. März: alle Bewohner von Teuplitz und Läsgen wurden  in Richtung Rotfelde/Grünaue Tzscheeren eskortiert, später ging es  weiter nach Grabow und Brinsdorf. Niewerle marschierte gemeinsam mit Schniebinchen zur Jessener Mühle. Dort campierten sie einige Tage. Jede Nacht kamen Soldaten, suchten nach Frauen......

Dienstag, 13. März: In der Nacht war eine ältere Frau in der Jessener Mühle gestorben. Die Tote wurde zunächst in eine Decke gehüllt und auf einem Brett im Schuppen zwischengelagert. Am nächsten Morgen sollte sie beerdigt werden.

Mittwoch, 14. März: Das Ausheben des Grabes war keine leichte Aufgabe, da der Boden auf dem Mühlengelände tief verwurzelt war. Am Nachmittag war es endlich geschafft. Frau ......... band, so gut es unter diesen Umständen machbar war, einen kleinen Kranz aus Kiefernreisig, den sie mit Weidenkätzchen und Tannenzapfen dekorierte. Als die alte Frau begraben wurde, säumten nur einige Bekannte ihre letzte Ruhestätte. Angehörige waren keine da. Ein Sommerfelder sprach ein paar Worte und ein Gebet. Das zugeschippte Grab zierte dann der Kranz und ein schlichtes Holzkreuz, auf dem Name und Todestag mit einem glühenden Eisen eingebrannt waren.

Sonntag, 18. März: Einige Schniebinchener kehren zurück, in allen Häusern sind russische Soldaten einquartiert.

Montag, 19. März: Alle Menschen aus der Jessener Mühle werden über den Sommerfelder Stadtrand Richtung Christianstadt getrieben.

Sonnabend, 24. März, Pförten:Die Flüchtlinge werden in Christianstadt über den Bober befördert.

Hoh Jeser: Alle Einwohner müssen ihr Dorf verlassen und Richtung Bober marschieren.

Karfreitag, 30.April: Kalte Regen-und Graupelschauer zogen an diesem Tag über die Dörfer.

Donnerstag, 12.April: ..... Nachmittag 3 Uhr, Schniebinchen wird wieder geräumt. Mit drei Mann Bewachung zu Fuß nach Dolzig, Sommerfeld. 

Freitag, 13. April: ....  Früh zeitig unter Bewachung von Sommerfeld nach Belkau gelaufen. Alle Leute werden zum Arbeiten mitgenommen. Wir kommen weiter nach Baudach, Oberklinge....

Samstag, 14.April: Die Schniebinchener versuchen auf Waldwegen von Oberklinge wieder in ihr Heimatdorf zu gelangen.

Montag, 16. April: Morgens um 5.15 Uhr eröffnete die 1. Ukrainische Front Marschall Konews mit einem Trommelfeuer, das im Raum Forst 155 Minuten dauerte, ihre Großoffensive Richtung Elbe. 

... Südlich von Forst, etwa in Höhe Bademeusel, überschritt die 3. Gardepanzerarmee die Neiße....

(Quelle: Die Befreiung der Stadt Forst, R. Ihlo u. W. Scholze)

Donnerstag, 26. April:  Die Niewerler Geflüchteten sind wieder zurückgekehrt. Alle Häuser waren leer, geplündert oder Einrichtungsgegenstände zerstört. In ihrer Verzweiflung durchstreiften die Bewohner auch umliegende Wälder auf der Suche nach Möbeln, Töpfen, ebne nach allem Brauchbaren. Sie suchten Beeren und Pilze, was nicht ungefährlich war, weil noch immer russische Soldaten ab und zu auftauchten. Außerdem waren vor Einmarsch der Russen große Teile der Pförtener Heide von den Deutschen vermint worden. Zwischen Militärgerät lagen aufgedunsene Pferde und gefallene Soldaten, die niemand mehr beerdigt hatte. Für die Bauern stand die Frühjahrsbestellung an. Saatgut wurde irgendwie noch organisiert. alt und Jung sah man in diesen Tagen von Sonnenaufgang bis zum Dunkelwerden im Hof und auf den Feldern arbeiten.

Mittwoch, 9. Mai:   

Teuplitz: ....Nachts drei Uhr, furchtbare Knallerei in Teuplitz. Alle schreckten auf, zitterten. Was war nun wieder passiert? Ein Blick aus den Fenstern zeigte bunte Leuchtkugeln am Himmel. Gegen 5 Uhr tanzten russische Soldaten mitten auf der Straße, schossen aus ihren Maschinenpistolen wild um sich. Dann laute Rufe, Woina kapuht, rief ein mit einer Wodkaflasche in der Hand vorbeiziehender Russe....

Grabow: ..... Nachmittags furchtbarer Lärm, Schreie und schließlich Pistolenschüsse. Mein erster Gedanke, haben die Soldaten jetzt den Verstand verloren? Die mir gegenüber immer reservierten ukrainischen Mädchen, ehemalige Zwangsarbeiterinnen, die gut deutsch sprachen, und nun als Näherinnen in unserem Haus für die Soldaten schneiderten, meinten, daß nun endlich der Krieg zu Ende sei. Nach den Siegesfeiern trat bei ihnen Ernüchterung ein. Sie erzählten mir vom Abkommen der Siegermächte in Jalta, von der Verschiebung der polnischen Westgrenze bis zur Neiße und von Stalins Befehl, sämtliche ehemaligen von den Deutschen Deportierten und Zwangsarbeiter in sogenannte Umerziehungslager nach Sibirien zu bringen. Als ich ihnen am 19. Mai stolz erzählte, daß ich 12 geworden bin, gratulierten sie mir herzlich und nach langer Zeit kam ich sogar in den Genuß einiger Schokoladenriegel.

Sämtliche Russen waren danach abgezogen. Auf dem Haus der Familie .....  wehte die polnische Fahne und eine polnische Kommandantur hatte sich einquartiert. Der Monat Mai neigte sich dem Ende und ich war nicht mehr so sicher, daß die Aussagen der Näherinnen über das Abkommen in Jalta in die Tat umgesetzt werden würden. Nur gut, daß ich diese Information für mich behalten hatte, leicht hätte ich mich lächerlich machen können. Es war relativ sicher im Dorf und wir alle waren froh, wieder in unserem Zuhause zu sein.....

Dienstag, 15. Mai: Pförten:  ....Wir kehren nach Pförten zurück. Pastor Abraham ist schon da. Notdürftig richten wir uns in unserer ausgeraubten Wohnung ein.

Niewerle: Polnisches Militär löste in den ersten Junitagen russisches ab.

Sonntag, 3. Juni: Der sowjetische Stadtkommandant von Sommerfeld übergibt die Stadt offiziell der polnischen Verwaltung. Ihr Name lautete von nun an Zemsz. Ab 1947 erhielt Sommerfeld dann seinen Namen nach dem Fluß Lubst, der durch die Stadt fließt (Quelle: Geschichte der Stadt Sommerfeld/Lubsko, Gerhard Friedl; Sorauer-Sommerfelder Heimatzeitung).

Freitag, 15. Juni, Teuplitz: ...Die neuen Soldaten sind da. Sie holen Leute aus den Häusern, mich auch. Wir bekommen Eimer und Pinsel, müssen vom Nachbarn Weißkalk holen und den mit Wasser zu einer Kalkbrühe verrühren. Damit müssen wir alle Straßenbordsteine anstreichen. Auch alle deutschen Firmenschilder über Geschäften und Häusern werden überstrichen. Alles, was irgendwie deutsch aussieht, wird überpinselt. Fahnenmasten mit polnischen Fahnen werden aufgestellt. Sonnabend ist eine Parade der polnischen Soldaten. Die neuen polnischen Soldaten durchsuchen wieder alle Häuser, nehmen sich, was ihnen gefällt....

Sonntag, 17. Juni: 400 bis 500 Ukrainer sind nach Niewerle gekommen.

Montag, 18. Juni: ....Betten, Bettgestelle aus Schniebinchen müssen in Niewerle abgeliefert werden. Es geht das Gerücht um, alles Fahrbare müßte wegen der Rückkehr der Zwangsarbeiter in ihre Heimatländer abgeliefert werden.....

Montag, 18. Juni: Pförten:........Stehe gegen 4.15 Uhr auf. Aus dem Dunst taucht die Sonne auf. Kaktus hat die zweite Blüte geöffnet. Mutter (seine Ehefrau) begibt sich um 7.30 Uhr zur gewohnten Arbeit. Ich fege, nagele Linoleumstücke auf die von Russenstiefeln beschädigten Treppenstufen, schneide Zuckerrüben, ordne in den Bücherbrettern. Vater Glockan (Hohjeser Nr. 16) meldet, daß seine Frau (geborene Valten) gestorben ist. Mutter kehrt zu Mittag heim, bringt Kartoffelsuppe vom Frühstück mit. Ich werde nachmittags nach dem Friedhof gehen. Die Leiper haben eben Frau Kindler beerdigt.

Ich finde zwei schöne Steinpilze hinterm Zaun, harke meine Kartoffelbeete, gehe die Maulbeerpflanzen durch und finde ungemein viele Pflanzen, die den strengen Winter nicht überdauert haben. Ganz anders haben sich die im Turnhallengang entwickelt. Der bessere Boden und die geschützte Lage sind von ausschlaggebender Bedeutung. Dann streife ich die Badeanstalt. Verwüstung. Die Teiche sind leer. Daher der geringe Wasserstand in unserem Schulgarten-Wasserloch. Teichdamm, Nahberger Chaussee, Kriegsspuren auf den Feldern. Die Straße in jammerhaftem Zustand, Schützengräben. Unbestellte Felder voller Kornblumen und Unkraut. Bergfeldweg, allenthalben im Walde Kriegsspuren. Ich schaue nach Gelblingen aus. In Donaths Heide finde ich sie reichlich und groß. Keine Heidelbeeren am Gesträuch, kein Obst an den Bäumen. Überall Gras in Mengen, das niemand nützt, da kein Vieh vorhanden. Die Gutsfelder liegen brach. Sorauer Straße zurück, Nahberger Hohlweg, Teichdamm Schulbeete, Friedhof. Um 6 Uhr daheim. Hans Eichinger fragt: „Könnten wir nicht schon heute Hartmanns Grab schaufeln, da ich morgen wieder Getreide schroten muß?“ „Gut“, antwortete ich, „ich will nur ein paar trockene Kartoffeln herunterschlingen.“ So gehen wir nochmals zum Friedhof. Als wir gegen 8.30 Uhr zurückkehren, ist Mutter auch erst vom Essenholen zurück.

Dienstag, 19. Juni, Pförten: Gegen 11 Uhr werde ich geholt, soll gleich ins Bürgermeisterbüro (Bürgermeister ist jetzt Klempner Otto Riemer) kommen. Meine Aufgabe: Überall Zettel ankleben mit der Aufforderung an die verbliebene deutsche Bevölkerung, Waffen, Radios usw. abzuliefern. Bei meinem Gang durch den Ort beobachte ich überall Zerstörungen. Am Abend singen die Polen in der Turnhalle aus voller Kehle.

Mittwoch, 20. Juni, Pförten: ...Ein kritischer Tag. Es ist noch nicht 5 Uhr, da klopft es wiederholt an der Stubentür. Frau Elsbeth Hoffmann ruft: „In 15 Minuten muß Pförten geräumt sein!“ Ich rufe Mutter. Ehe ich mich recht besinne, begehrt schon ein polnischer Soldat Einlaß: „Schnell, schnell!“ Wir raffen eilig einige Sachen zusammen, denn darauf sind wir nicht vorbereitet (einige Leute haben es vorher gewußt). Wir füllen den Handwagen, der noch im Hausflur steht. „Fort, fort“, heißt es. Man vergißt natürlich allerhand, wenn plündernde Schergen dabeistehen. Dann müssen wir bis gegen 8.30 Uhr auf dem Markt bzw. unter den Linden warten. Es sammelt sich wieder die Restbevölkerung von Pförten an, von polnischen Soldaten mit aufgepflanztem Seitengewehr bewacht. Endlich setzt sich der Zug der Ausgetriebenen – auch die umliegenden Dörfer werden von den Polen entvölkert – in Marsch, Richtung Forst. Unterwegs nur Zeichen der Verwüstung und des Kampfes. Nach 12 Uhr über eine Notbrücke in Forst eingetroffen. Wir biegen links ab, fahren durch die Kaiser Wilhelm Straße nach Stahns (meines Schwagers) Haus in der Niederstraße. Wir wollen die Nacht über hierbleiben. Wo man hinblickt, Flüchtlinge mit Handwagen. Die ausgetriebenen Pförtener sollen morgen die Richtung nach dem Spreewald einschlagen…… 

Mittwoch, 20. Juni: ......Handwagen, Kinderwagen, alles Fahrbahre wird in Schniebinchen abgeholt. Es heißt, Tzscheeren/Grünaue und Teuplitz müssen geräumt werden.....

Plötzlich wieder mehr polnische Soldaten in Niewerle. Sie beschlagnahmen alle im Dorf noch befindlichen Viehwagen, Handwagen, Schubkarren und Kinderwagen........

Hoh Jeser: Früh vier Uhr werden alle aus den Häusern getrieben, müssen sich vor dem Gasthaus sammeln. Dann ging es Richtung Forst und über die Neiße...

Donnerstag, 21.Juni:  Drahthammer: .... Polnische Soldaten mit aufgepflanzten Bajonett rüttelten frühmorgens – es war noch dunkel und könnte nach Erinnerungen einer Zeitzeugin gegen 2.00 Uhr gewesen sein – die Bewohner mit der Aufforderung aus den Betten, daß sich alle Bewohner sofort am Dorfeingang, beim Haus der Familie Sonnenberg (Haus Nr. 11) einfinden müssen....Gegen 4.00 Uhr der Abmarschbefehl, zunächst in Richtung Pförten. Dann ging es auf die Pförtener Chaussee Richtung Forst. Noch immer bewachte polnisches Militär den Menschenzug. In Berge wurde Halt befohlen. Bevor alle über eine Notbrücke die Neiße überquerten..... 

Über das genaue Datum der Vertreibung der Niewerler habe ich von den Zeitzeugen unterschiedliche Angaben erhalten. Einige sprachen vom 20.6., 21.6. oder 22.6. bzw. vom 25.6.1945. Auch die genaue Uhrzeit ist strittig. Die Erinnerung der Befragten geht von 02.30 Uhr bis 04.30 Uhr.

Ich orientiere mich an den Eintragungen der Tagebücher. Sie nennen folgende Daten:

Pförten, Hoh Jeser und Teuplitz:                20.6.1945

Niewerle und Rotfelde/Pockuschel:            21.6.1945

Sommerfeld, Grünaue/Tzscheeren:            23.6.1945

Schniebinchen und Jüritz:                          24.6. 1945

Dolzig:                                                           25.6.1945

Leipe:                                                              3.7.1945


Im Dunkeln, von polnischem Militär aus den Häusern getrieben, mussten die Niewerler bei großer Hitze auf dem Platz vor dem Kriegerdenkmal Aufstellung nehmen. Das Wenige, was sie in der Eile greifen konnten und was sie mitnehmen durften, fand in Rucksäcken Platz. Danach mussten alle ihre Hausschlüssel abliefern. Der Weg führte die Menschen dann zu Fuß über Rotfelde, Läsgen bis zur provisorischen Neiße-Brücke bei Klein Bademeusel. Kurz davor nochmals Halt. Jeder Einzelne wurde durchsucht, Personalpapiere, Fotos sowie Lebensmittel wurden weggenommen teilweise vor ihren Augen vernichtet. Über der Neiße erwarteten die Vertriebenen sowjetisches Militär. Danach waren sich die Vertriebenen sich selbst überlassen. Ohne Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf gingen sie einer ungewissen Zukunft entgegen. Betteln und Stehlen auf den Feldern wurden zur Frage des Überlebens. Tausende starben in den folgenden Jahren an Entkräftung, Seuchen und Krankheiten. Medikamente gab es kaum. Die verbliebenen Ärzte versuchten alles Menschenmögliche. In der Hoffnung wieder "nach Hause" zurückkehren zu können, siedelten sich die Meisten in der Spreewaldregion an (vor allem Cottbus und Forst). Doch in der neuen Umgebung waren die Vertriebenen auch nicht willkommen, wurden oft als Herumtreiber beschimpft. Die Gründe für dessen Schicksal waren damals noch nicht umfassend bekannt, denn Rundfunk/Zeitungen gab es in den ersten Wochen nach Kriegsende noch nicht. Wie ausgegrenzt diese Menschen waren, zeigt, dass es für Vertriebene jenseits der Neiße oftmals gesonderte Begräbnisstätten gab (Kriegsgräberstätte an der Chaussee Cottbus - Burg, kurz vor Werben). Text des Gedenksteins: 

Auf diesem Friedhof ruhen 402 Opfer von Flucht und Vertreibung, die in den Jahren 1945 bis 1952 ihr Leben gelassen haben....                                                                                                             

Erst 1994 haben die Gemeinde Werben, das Amt Burg, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und Soldaten der Bundeswehr diese Erinnerungsstätte geschaffen.

Kriegsgräberstätte Werben Foto: Privat