Pockuschel/Rotfelde
Rotfelde erhielt seinen Namen erst 1937, als der slawisch klingelnde Name Pokuschel, auch Pockuschel, verschwinden musste (s. Kapitel Niederlausitzer Ortsnamen). In historischen Karten und Unterlagen finden sich auch die Bezeichnungen Pockuschela, Bokuschel (1768) Puckeychel (Ende 18. Jahrhundert). Die sorbische Bezeichnung Pokuzel soll übersetzt "bei den Kuscheln" bedeuten. Auf den Namen Rotfelde kamen die Verantwortlichen, weil es am Ortsausgang in Richtung Pförten einen rötlich-braunen Acker gibt, welchen man heute noch von der Chaussee aus sehen kann.
1818 = 234 Einwohner
1846 = 260 Einwohner
1871 = 286 Einwohner
1900 = 269 Einwohner
1925 = 273 Einwohner
Juristisch verwaltet wurde das Dorf bis 1849 von der Justizkanzlei Pförten. Danach, von 1849 bis 1878, war das Kreisgericht Forst und später bis 1945 das Amtsgericht in Triebel für jegliche Amtshandlungen zuständig. Der Ort war außerdem dem Landgericht Guben zugeordnet.
Kirchlich war Pockuschel bis 1945 in Teuplitz eingepfarrt. Ebenso war das dortige Standesamt für alle Beurkundungen zuständig.
Wirtschaftliche Bedeutung hatte der Ort vor 1945 nicht. Die Dorfgemeinschaft bestand aus Kleinbauern, Arbeitern und Handwerkern. Allerdings gab es hier eine sehr schöne, 1908 neu erbaute Schule, die gleich am Ortseingang, wenn man von Läsgen kam, stand. Sie wurde aus unbekannter Ursache zwischen dem 13. Februar und April 1945 zerstört. Und dies, obwohl keinerlei Kampfhandlungen beim Einmarsch der Roten Armee stattfanden. Kinder aus dem benachbarten Läsgen wurden hier ebenfalls unterrichtet.
Walter Hamann lehrte bis zu seinem Tod (Ende der 1930er Jahre) ca. 20 Jahre hier. Es folgte dann 1942 Walter Beiersdorfer. Und als auch er zur Wehrmacht eingezogen wurde, war Lehrer Fleischer aus Grünaue/Tzscheeren eine zeitlang für Rotfelde zuständig. Danach kam Lehrer Strese zur Aushilfe. Willy Strese, wohnte in der Pförtener Str. in Teuplitz. Er verstand es den Lehrstoff, trotz der widrigen Umstände im Krieg, sehr gut zu vermitteln. Täglich fuhr er die 4,3 km nach Rotfelde bzw. später die 5,9 km nach Grünaue/Tzscheeren mit seinem Sachs-Motorrad. Während Strese seine Motorradbekleidung ablegte, fragte er bei seinen Schülern schon die ersten Geschichtsdaten ab. Nein, dieser Lehrer ließ keine Unterrichtsminute ungenutzt verstreichen. Daher duldete er in keiner Hinsicht Nachlässigkeiten, sei es was das korrekte Erledigen der Hausaufgaben, die persönliche Sauberkeit oder den Gehorsam betraf. Im Sommer fand der Unterricht für die älteren Schüler von 7.00-10.00 Uhr und im Winter von 8.00-11.00 Uhr statt. Danach wurden die jüngeren Kinder unterrichtet. Hinter der Schule gab es einen kleinen Schulgarten. Die Arbeit hier war sehr beliebt, brauchte man doch nicht stillsitzen! Auf der anderen Straßenseite stellte ein Bauer seine Wiese für den Sportunterricht zur Verfügung. Dieser Platz ist heute mit hohen Bäumen bewachsen. Zur Schule gehörte noch ein Nebengebäude für Toiletten. Der Unterricht wurde zu Weihnachten 1944 eingestellt, weil das Schulhaus zunehmend als Unterkunft für Wehrmachtssoldaten diente.
Am Ortseingang, noch vor der Schule, auf der rechten Seite, war früher ein Friedhof. Heute ist die Stelle mit hohen Bäumen bewachsen. Vor vielen Jahren wurden noch einige Grabsteine gefunden, die es heute nicht mehr gibt. Die folgenden Aufnahmen stellte K.H. Benesch zur Verfügung-
Mitten im Ort, dort, wo heute die Chaussee nach Niewerle bzw. zur Grabower Mühle abbiegt, stand das Gasthaus (mit Tanzsaal). Heute fehlt der Saal, das Gasthaus dient als Wohngebäude. Hier versammelte sich auch der örtliche Gesangsverein, dem fast alle Männer des Dorfes angehörten. Hier übte auch die örtliche Musikkapelle, die an manchen Wochenenden zum Tanz einlud.
Zeitzeugen berichteten, dass im Sommer 1944 eine Bombe das Nitzschke-Grundstück traf. Infolge der Druckwelle und der herumfliegenden Gegenstände war das Stallgebäude stark beschädigt worden. Das Pferd, welches gerade auf dem Hof angebunden war, soll durch die Wucht hochgeschleudert worden sein und Teile von ihm auf dem Dach und in der Dachrinne gehangen haben.
Im Ort gab es noch eine Bäckerei, die auch andere Lebensmittel führte. Weiterhin, am Ortsausgang in Richtung Drahthammer, wohnte Fleischer Nitschke, der jedoch kein eigenes Geschäft besaß.
Nördlich von Rotfelde, mitten von Wald umgeben, stand das Forsthaus von Rotfelde. Man erreichte es nach etwa dreieinhalb Kilometer Fußweg und es war damit örtlich eigentlich näher an Niewerle angebunden. Um 1910 hieß der dortige Förster Fritz Grohmann jun. welcher auf einem Foto mit seiner Familie abgebildet ist. Bis etwa 1930 sorgte Gustav Brumm in seinem Revier für Ordnung. Danach ging er in Pension. Ihm folgte der letzte Förster von Rotfelde, Robert Schmidt. Schmidt starb am 9.12.1945 im Kriegsgefangenenlager Kandalakscha. Das Aral, wo einst die Gebäude des Forsthauses standen, sind heute noch gut zu erkennen. Auf dem Weg von Niewerle/Nowa Rola zur Chaussee nach Brody/ Pförten kommt man direkt daran vorbei. Nur wenige Ziegelsteine und einige Obstbäume lassen das Grundstück erkennen.
Von einst 55 Häusern fehlen heute 13.
Auch das Kriegerdenkmal, welches an die Gefallenen des I. Weltkrieg erinnerte und in der Dorfmitte stand sucht man vergeblich. Mir wurde erzählt, es sei nach 1945 einfach abgerissen und dort vergraben worden. Vermutlich standen folgende Gefallene darauf: (Quelle: Verlustliste genealogay.net, unvollständig) Franz, Max; Handau, Max Otto; Hanschke, Wilhelm; Kahle, Paul; Krause, Reinhold; Krüger, Max; König, Reinhold; Künzel, Reinhold; Max, Hermann; Milde, Oskar; Milde, Paul; Nicko, Fritz; Noack, Oswald; Rieger, Walter; Ribback, Oskar; Ribback, Otto; Scharobe, Ernst; Starrost, Richard; Worrich, Reinhold
Verluste II. Weltkrieg: Oskar Lehmann; Förster Robert Schmidt
An der Kreuzung nach Niewerle, neben dem Gasthaus Nitschke, steht heute in Grezawa ein großes Kreuz mit der Madonna. Ihr gegenüber gibt es eine kleine, aber sehr schöne Pension (Hausnr. 21), die Aneta Mazurek führt (Dom pod Sosnami, Haus unter den Kiefern; www.dompodsosnami.agrowakacje.pl). Hier kann man sehr erholsame Tage in waldreicher Umgebung verbringen. Neben dem Grundstück Mazurek wurde vor ein paar Jahren ein Kinderspielplatz eingerichtet. Auch besitzt Grezawa als eines der wenigen Dörfer in der Gegend Bürgersteige.
Abschließend die Einwohnerverzeichnisse aus den Jahren 1928 und 1938
Läsgen
Zwei Ortschaften gleichen Namens und gleicher Schreibweise gab es vor 1945 im Deutschen Reich und zwar einmal in der Nähe von Grünberg (Zielona Gora) und dann unser Läsgen im Kreis Sorau.
Läsgen war ursprünglich ein Haufendorf. Der Ortskern, quasi die ältesten Grundstücke, gruppierten sich etwas abseits, östlich von der Teuplitz-Rotfelder Chaussee. Nur sechs Häuser gab es unmittelbar an der Hauptstraße. Zur Orientierung hier noch ein Auszug aus einem Messtischblatt.
Wie auch in den Nachbargemeinden, lebten die Familien von kleinen Landwirtschaften, deren karge, sandige Böden kaum Ertrag brachten, dafür umso mehr Arbeit erforderten. Die meisten Männer werkelten zusätzlich als Arbeiter im Sägewerk oder in den Glasbetrieben, Töpfereien und Ziegeleien im nahen Teuplitz, denn Läsgen lag nur etwa 2,5 km nördlich davon.
Über die Geschichte von Läsgen fand ich ebenfalls wenige Dokumente bzw. Veröffentlichungen. Ich vermute hierfür zwei Gründe. Einmal war Läsgen seit Jahrhunderten Kammerdorf der Herrschaft Pförten und hatte daher auch kein eigenes Gut, deren Besitzer historische Spuren hinterlassen haben könnten. 1740 hatte Heinrich von Brühl die Standesherrschaft Pförten erworben, war Arbeitgeber (Land- und Forstwirtschaft) und gewissermaßen Landesvater. Als sächsischer Minister erhielt er später als Dank für seine Verdienste von seinem König weitere Ländereien geschenkt (Teuplitz, Pockuschel, Läsgen, Althammer).
Und zweitens hatte das Dorf, mit seinen durchweg protestantischen Einwohnern, keine eigene Kirche, sondern war Teuplitz zugeordnet. In Orten ohne eigene Kirche fehlen oftmals Angaben zu Ortschroniken. Ansonsten haben die Pastoren in vergangenen Jahrhunderten diese Aufgabe übernommen, in dem sie entsprechende ergänzende Eintragungen in den Kirchenbüchern vornahmen. Die Kirchenbücher von Teuplitz sind jedoch 1945 verloren gegangen. Daher ist nicht zu belegen, wann das Dorf erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Obwohl in Teuplitz eingepfarrt, verfügte Läsgen über einen eigenen kleinen Friedhof. Dieser befand sich am Ende eines schmalen, unbefestigten Weges, der westlich von der Hauptstraße abzweigte. An diesem Weg standen und stehen noch heute zwei Wohnhäuser. Wie Zeitzeugen berichteten, grenzte der Friedhof an einer Seite an das umzäunte Gelände des Sägewerkes. Heute ist er nicht mehr zu finden, wohl total bewachsen.
Im Ort gab es ebenfalls einen Eisenbahnhaltepunkt, wie beispielsweise in Schniebinchen oder der Grabower Mühle. Dieser lag nordöstlich und ca. etwa einen Kilometer außerhalb der Ortschaft. Bei Bedarf konnten Reisende hier ein- und aussteigen. Als Wartehalle diente nur ein einfacher Holzunterstand mit einer Sitzbank.
Direkt an der Chaussee, an der Einfahrt zum Dorfanger, stand das Gasthaus. Es soll eine kleine Gaststube sowie einen Tanzsaal gehabt haben. im dahinterliegenden Garten war eine Kegelbahn. Der Wirt Richard Herrmann besorgte nebenbei noch eine Landwirtschaft. Das Gebäude existiert nicht mehr.
Manche Kleinbauern besserten ihr Einkommen mit Bienenzucht auf, so wie die kinderreiche Familie von Karl Friedrich Wilhelm Domke (Läsgen Nr. 20). Die Söhne Paul und Artur Domke, beide im Krieg gefallen, arbeiteten im Haupterwerb im Sägewerk.
Wie aus dem Messtischblatt-Ausschnitt hervorgeht, lagen östlich der Bahnschienen, mitten von Wald umgeben, zwei Waldhäuser. Eines davon, etwa 1,5 km südöstlich des Dorfes gelegen, gehörte der Berliner Familie Schmidt, die hier stets die Wochenenden und die Ferien verbrachte. Das Haus, welches über keinen elektrischen Anschluss verfügte, hatten die Berliner 1935 von einem Bauern gekauft. Es stand bis 1945 unmittelbar an einem kleinen See. Auf dem 14,8 ha großen Grundstück wuchsen Kiefern, Fichten, Eichen und sonstiger Laubwald. Als Familie Schmidt 1943 bei einem Bombenangriff ihre Wohnung verlor, lebte sie dauerhaft hier. Da die Winter hier jedoch sehr kalt waren, konnte die Familie auf Dauer nicht im Waldhaus bleiben. Hier gab es nur Holzofenfeuerung, Kohle anliefern zu lassen, zumal in den Kriegsjahren zunehmend rationiert, war nicht möglich. Alles Lebensnotwendige musste umständlich mit dem Handwagen bzw. Schlitten herbeigeholt werden. Als das Leben im Waldhaus immer unwirtlicher wurde, mietete sich die Familie in eine kleine Gesinde-Wohnung auf dem Gutshof Tzscheeren/Grünaue, deren Besitzer gute Bekannte der Familie waren, ein. 2003 versuchte die Tochter der Familie Schmidt die Stelle, wo das Haus stand, wiederzufinden, vergeblich. Hohe Bäume, dichtes Gestrüpp, machten die Orientierung unmöglich. Wie sie erfuhr, hatte man das elterliche Haus 1945 angezündet.
Das andere Waldhaus, stand nur etwa 200 m östlich der Bahnschienen und wurde von Familie Opitz bewohnt, die hier eine Erdbeerplantage bewirtschaftete.
Etwa 200 m südlich von Läsgen steht eine Ruine. Einst ein modernes Sägewerk, macht das Gelände heute einen traurigen Eindruck. Optisch einigermaßen intakt scheint nur noch der große Schornstein zu sein, der allerdings schon eine beträchtliche Schieflage aufweist. Irgendwann nach dem II. WK und der Vertreibung der Deutschen, ging das Werk wieder in Betrieb. Es bestand auch die Wendezeit 1989/1990. Doch etwa um das Jahr 2000/2001 ging die Firma in Konkurs. Zu dem weitläufigen Gelände gehörten vor 1945 neben den Produktionsanlagen auch ein repräsentatives Büro-Wohnhaus und mehrere Holz-Wohnhäuser für die Angestellten. Ein Anschlussgleis an die Nebenbahn Sommerfeld - Teuplitz sorgte für den Abtransport der Erzeugnisse. Eine Schmalspurbahn, eingeweiht im September 1923, durchquerte den gesamten Brühl`schen Forst und sorgte für Holznachschub (s. auch Kapitel Jagd-Stern Pförten).
Die angelieferten entasteten Baumstämme wurden zum Großteil in dem zum Areal des Sägewerkes gehörenden Ziegelteich gelagert (Nasslagerung). Das restliche Holz wurde auf dem Sammel-/Sortierplatz gelagert. Zur technischen Ausstattung des Sägewerkes zählten: ein Horizontalgatter, vier Vertikal-oder Vollgatter, eine Besäum-Kreissäge, eine einfache Kreissäge und zwei Pendelsägen. Angetrieben wurden die Maschinen von einer ca. 300 PS starken Dampfmaschine der Fa. Wolf-AG Magdeburg-Buckau, Baujahr 1922. Neben einer Trockenkammer, einer Reparaturwerkstatt und einer Montagehalle gab es einen gesonderten Sozialtrakt mit Aufenthalts- und Frühstücksraum für die Arbeiter. In den 1930er Jahren arbeiteten hier 28 Beschäftigte
Das Sägewerk war Bestandteil der Standesherrschaft Forst-Pförten. Der letzte Leiter dieses Betriebes hieß Josef Kolditz, welcher nach dem Krieg das zunächst einzig noch produzierende Sägewerk in Forst/L. leitete. Er verstarb 1969.
In den letzten Kriegsjahren waren im Werk sowie im Pförtener Wald mehrere niederländische Forststudenten tätig, die sich frei bewegen durften.
Um 2000 wurde die Produktion eingestellt, die Gebäude verfielen bzw. wurden ausgeschlachtet. Lazy bietet heute Anglern gute Möglichkeiten. Die Teiche befinden sich östlich des Dorfes.
Gefallene im I. Weltkrieg, unvollständig: (Quelle: genealogy.net) Domke, Otto; Dube, Bernhard; Dudkowiak, Valentin; Geisler, Richard; Neumann, Ewald; Pfeifer, Paul (*1.2.1886)
Opfer II. Weltkrieg: Berta Fechner (*14.1.1889) und Tochter Meta erschossen (*30.3.1945); Paul Domke (8.8.1913 Teuplitz-7.7.1943 in Seraja, Russland); Artur Domke(8.6.1918 Teuplitz-29.5.1942 in Slawjansk, Ukraine)
Einwohnerverzeichnisse 1928 und 1938